Desserts, Dauerwellen und digitaler Durchblick: Auftakt für die Besten der Welt
Bühne frei für die besten Fachkräfte der Welt: Die 47österreichischen Fachkräfte haben heute bei der Berufsweltmeisterschaft in Lyon ihre Arbeit aufgenommen. Bis inklusive Samstag arbeiten sie an ihren bis zuletzt gut gehüteten Aufgabenstellungen und Werkstücken.
LYON. Haarschneideschere, Effilierschere und spezielle Werkzeuge für präzise Konturen werden nach und nach sorgfältig desinfiziert. Der Übungskopf wird behutsam mit einem Mantel und Handtuchabgedeckt, die Aufgabenstellung nochmals akribisch durchgelesen: Es ist alles andere als ein gewöhnlicher Arbeitstag für Friseurin Carina Kern aus Kilb in Niederösterreich. Angesichts ihres spektakulären Arbeitsplatzes wird das schnell klar: Kern schneidet, föhnt und färbt auf der zurzeit größten Bühne der Welt bei den Berufsweltmeisterschaften in Lyon.
Auf dem 14 Hektargroßen Messeareal der Euroexpo kämpfen 1.500 Teilnehmende aus 65 Nationen um Gold, Silber und Bronze – in insgesamt 62 Disziplinen. Aus Österreich sind insgesamt 47 „Young Professionals“ (keine Lehrlinge, sondern junge Fachkräfte bis 22 Jahre) am Start: Von Mittwoch bis Samstag müssen die rot-weiß-roten Medaillenhoffnungen berufsspezifische Aufgabenstellungen lösen. Verschnaufpausen sind rar gesät – so auch bei Kern: Jeder Handgriff der Fachkraft von „Brigitte – neu verföhnt“ in Purgstall muss bei den Berufsweltmeisterschaften sitzen, um bei den strengen Wertungsrichtern bzw. Experten gut abzuschneiden.
Niederösterreichische Friseurin will gut abschneiden
In den kommenden Tagen muss die WM-Starterin unter andere meine Dauerwelle mit Tönung anfertigen, Haare mit Farbe und Extensions stylen, komplizierte Hochsteckfrisuren gestalten, ihr Talent bei Bärten und Männerfrisuren unter Beweis stellen und einer Dame zu einem neuen Look verhelfen. Gefragt sind Hochpräzision, Konzentration und gleichzeitig Schnelligkeit – jeder Fehler führt zu Punkteabzügen. „Am meisten Spaß bereitet mir das Modul mit den Extensions, weil es so viele kreative Möglichkeiten bietet. Es ist spannend, weil man damit eine totale Stilveränderung bewirken kann – etwas scheinbar Unmögliches wird möglich. Man kann einem Look sofort Volumen und Länge verleihen oder mit Farbe ganz neue Akzente setzen. Auch die Dauerwelle ist besonders, weil sie eine klassische Technik mit modernen Einflüssen verbindet und viel Raum für Individualität lässt. Beide Module ermöglichen es, extravagante und maßgeschneiderte Styles zu kreieren, die denKunden völlig neu definieren“, sagt Kern. Ihr Ansatz: „Vollgas geben, nicht nach links, nicht nach rechts schauen, sondern auf mich konzentrieren.“
Oberösterreichische Bäckerin hat Erfolgsrezept
Einige Kilometer am WM-Areal weiter verfolgt Julia Kusel ein ähnliches (Erfolgs-)Rezept: Die Bäckerin aus Pennewang in Oberösterreichbeginnt in den kommenden ersten Wettbewerbsstunden mit der Produktion von Backwaren aller Art herstellen. „Zunächst werde ich Baguettes zubereiten, danach Krapfen herstellen, Cannoli frittieren, Plunder und Brioche flechten sowie Weizenbrot nach den genauen Vorgaben backen. Mein Ziel, bis zu Mittag kontinuierlich und hochkonzentriert zu arbeiten, ist voll aufgegangen“, erzählt die Fachkraft von Resch & Frisch in Gunskirchen.
Möbeltischler: Kärntner Holzfan will Edelmetall
Am Medaillentraum zimmert auch bereits Florian Dörfler, Möbeltischler aus Weitensfeld in Kärnten: „Als wir am Gelände angekommen sind, haben wir noch etwa eine Stunde Zeit gehabt, um mit den Experten den Tagesplan durchzugehen, alle Details zu besprechen und uns auf den Wettbewerb vorzubereiten. Unser Ziel ist es, das Bestmögliche aus dem ersten Tagherauszuholen“, gibt der WM-Starter der Konec GmbH in Feldkirchen die Marschroute vor.
„Die Vorfreude, dass es nun endlich losgeht, ist riesig! Ich hoffe, dass ich all das, was wir in den letzten Monaten trainiert haben, auch abrufen kann. Besonders wichtig sind bei uns die Holzverbindungen, Furnier arbeiten und präzise Zinken. Da kommt es auf höchste Genauigkeit an –wir haben eine Toleranz von 0,5 Millimetern. Es muss einfach alles passen.“ Der Respekt vor der Konkurrenz ist groß, einschüchtern will sich Dörfler aber nicht lassen: „Da wir im Mai ein Auslandstraining hatten, kenne ich bereits einige Nationen und ihre Arbeitsweisen. Es ist spannend zu sehen, wie sie sich weiterentwickeln und wie sie agieren. Besonders freue ich mich aber darauf, die Teilnehmer und ihre Techniken kennenzulernen, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Das Niveau ist durchweg sehr hoch. Ich bin zwar ein absoluter Holzfan, aber am Sonntag will ich trotzdem Edelmetall“, sagt der Tischler mit einem Augenzwinkern.
Bautischler: Steirer fräst an den Verbindungen
Dörflers Nationalteamkollege bei den Bautischlern, Thomas Leitner aus Obdach in der Steiermark, verfolgt eine vergleichbare Herangehensweise: „Gleich zu Beginn mussten wir die Pläne kontrollieren. Dafür hatten wir etwa eine halbe Stunde Zeit, um sicherzustellen, dass alles korrekt ist. Danach begann ich mit dem Fräsen der Verbindungen, was ich inzwischen abgeschlossen habe. Unsere Aufgabe besteht darin, einen Fensterrahmen mit Füllung und Außenrahmen zu fertigen – alles mit traditionellen Holzverbindungen.“ Für die Fachkraft der MT Design Tischlerei in Zeltweg liegt die Herausforderung „vor allem in der Genauigkeit der Verbindungen und der Einhaltung der vorgegebenen Zeit. Es ist entscheidend, dass alle Verbindungen perfekt passen, doch der Zeitdruck macht es besonders schwierig.“ Von den Menschenmassen – einige Zehntausend Besucher sind bereits am ersten Wettbewerbstag vor Ort – lässt sich Leitner nicht irritieren: „Während ich arbeite, blende ich alles um mich herum aus und konzentriere mich voll und ganz auf meine Aufgabe – ich nehme gar nicht wahr, was um mich herum geschieht.“
Steirische Gebäudetechnikerin feilt an Plattform
Mit einem 3D-Gebäude-Modell bekommt es Magdalena Rath aus Bad Blumau in der Steiermark, WM-Vertreterin im Skill „Digital Construction“, zu tun: „In diesem digitalen Modell erfasse ich jedes Bauteil mit all seinen Eigenschaften. Darüber hinaus erarbeite ich spezifische Pläne wie Brandschutzvorgaben oder welche Türen in welchem Format eingebaut werden. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Kollisionsprüfung – das Modell muss außerdem so gestaltet sein, dass es keine Konflikte zwischen Rohren, Fenstern oder anderen Bauteilen gibt. Zusätzlich erstelle ich ein Video, das zeigt, wann welche Bauteile eingebaut werden, um den Bauablauf zu visualisieren und zu optimieren“, erklärt Rath. Am heutigen ersten Tag muss die Spezialistin für die digitale Planung von Gebäudeprojekten eine komplexe Projektplattformfertigstellen. „Ich kümmere mich um die Einstellungen der Projektmitglieder, organisiere die Berechtigungen und sorge dafür, dass der Projekt-Abwicklungsplan perfekt konfiguriert ist. Ob Architektur- oder Statik-Modell: Alle Bauteile müssen präzise und korrekt im System integriert sein, damit das Projekt reibungslos weiterlaufen kann.“ Auf dieser Plattform wird Rath in den nächsten Tagen mit Hochdruck weiterarbeiten.
Erst am Samstagnachmittag – nach dem finalen Gong – müssen die 1.600 Fachkräfte ihre Werkzeuge niederlegen, danach richten die Experten. Am Sonntagabend folgt dem Medaillenverleihung in der 60.000 Fans fassenden Groupama-Stadion, Heimatort von Traditionsverein Olympique Lyon.
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Transkript des OT-Materials
Florian Dörfler, Möbeltischler aus Weitensfeld in Kärnten: „Ja, also wir sind jetzt heute in der Früh alle motiviertaufgestanden, alle gefrühstückt, bis auf ich, weil ich tue eigentlich nicht frühstücken, einen Kaffee, das reicht mir in der Früh. Und ja, jetzt sind wir eben aufs Gelände gefahren. Jetzt, wenn es dann eben losgeht, haben wir noch eine Stunde Zeit mit den Experten, dass wir unseren Plan kennenlernen, dass wir nochmal alles durchgehen, die ganzen Details, wie was zum Machen ist eben. Und dann schauen, dass man eben das Bestmögliche herauserholt aus dem ersten Tag. Ah ja, also die Vorfreude ist sicher auf den 10. Tag jetzt einmal und ich hoffe, dass diese ganzen Perfektionen, was man halt in den letzten Monaten trainiert hat, dass man die jetzt auch wieder von sich abrufen kann und ebendas Beste herauserholt aus sich. Ja, das sind eben auf der einen Seite Holzverbindungen, ich muss Furnierarbeiten machen, ein Ladel zinken und eben da kommt es eben auf sehr Genauigkeit drauf an, dass man sehr genau arbeitet. Die Oberfläche. Die Oberfläche muss passen. Die ganzen Maße sind bei uns ein sehr großer Punkt eben, dass die, wir haben eine Toleranz von 0,5 Millimeter und dass man da eben nicht drüber rauskommt. Ja, das auf alle Fälle, da wir ja imMai ein Auslandstraining gehabt haben, kenne ich schon ein paar Nationen, wie sie arbeiten, wie die sich eben vorwärts bewegen und deshalb bin ich schon sehrgespannt auf die anderen Nationen, die was ich noch nicht kenne, wie die arbeiten und das Niveau ist sehr hoch. Ja, eigentlich bin ich ein Holzfan, aberam Sonntag möchte ich gerne ein Edelmetall nach Hause nehmen, ja. Naja, ichhoffe, es irritiert nicht, dass man sich trotzdem auf seine Werkstückekonzentrieren kann, aber ich freue mich vor allem, dass eben die Familie undder Chef vor allem auch vor Ort sind und sich das Ganze anschauen. Ja, amnervösesten wird es sein, schätze ich mal die Mama, weil die ist da immer sehr,sehr nervös, mehr wie ich wahrscheinlich, aber naja, schauen wir mal.“
Julia Kusel, Bäckerin aus Pennewang in Oberösterreich: „Guten Morgen Österreich, ich bin die Julia Kusel und trete im Wettbewerb Bäckerei an. Ich bestelle jetzt kurz vor dem Wettbewerb und ich darf dann schon beginnen mit den ersten Produkten zu produzieren. Ich fange schon an, dass ich Baguette mische und dann danach gleich mal Krapfen mache und dann eigentlich bis Mittag durcharbeite. Das ist so das Ziel. Also ich darf dann Baguette machen, aber auch Krapfen und Cannoli frittieren. Ich darf aber auch genauso Plunder, Brioche muss ich flechten und auch über nachgeführtes Weizenbrotmaß machen. Und eine Mystery-Aufgabe darf ich dann erledigen, die weiß ich vor Ort erst davor und ein Schaustück darf ich machen. Ja, die letzten drei Monate waren sehr intensives Training und ich habe natürlich das Testprojekt immer wieder durchgearbeitet und auch auf die Zeit einfach geschaut, dass das hinhaut. Ichwünsche mir, dass mir alle ganz fest die Daumen drücken und dass halt auch einfach die Teile nicht zu stark sind und dass das alles super rennt. Mein Ziel wäre, dass ich aufs Stockerl komme.“
Thomas Leitner, Bautischler aus Obdach in der Steiermark: „Ich bin der Leitner Thomas, Teilnehmer der Bautischler. Am Start war am Anfang einmal die Plankontrolle. Dafür haben wir etwas Zeit gehabt, etwa eine halbe Stunde, um den Plan zu checken. Jetzt habe ich angefangen mit dem Auffräsen, dann habe ich das soweit fertig. Und das war es bis jetzt soweit. Zur Aufgabe: Im Prinzip ist es ein Fensterrahmen mit Füllung und Außenrahmen – mit lauter Holzverbindungen zum Fertigstellen. Die Verbindungen fräsen, im Endeffekt alles einzelne Verbindungen und schleifen, bis das fertige Stückchen rauskommt. Entscheidend ist sicher die Zeit, aber natürlich auch die Genauigkeit, dass die inneren Verbindungen alle passen. Aber die Zeit ist das Größte, was am schwierigsten wird. Die Leute nehme ich gar nicht wahr, du bist einfach so in deinem Fokus drin, dass du nichts mehrmitkriegst, was um dich passiert.“
SkillsAustria ist ein gemeinnütziger Verein und agiert als österreichisches Kompetenzzentrum für Berufswettbewerbe und Talenteförderung in der Berufsbildung. Durch die Berufsmotivation und Berufsorientierung leisten wir einen nachhaltigen und aktiven Beitrag zur Fachkräftesicherung. Wir organisieren AustrianSkills, die österreichischen Staatsmeisterschaften der Berufe. Deren Sieger repräsentieren als Team Austria die Kompetenz und Exzellenz junger Fachkräfte bei den internationalen Berufswettbewerben EuroSkills & WorldSkills. Durch die herausragenden Leistungen auf nationaler und internationaler Ebene sind unsere Teilnehmer die Botschafter für den Ausbildungsstandort Österreich und das Aushängeschild für Ausbildungsbetriebe sowie Schulen. Der Einsatz und die Erfolge unserer Skills Heroes leiten Jugendliche bei der Berufswahl und motivieren zur persönlichen Weiterentwicklung im Beruf.
SkillsAustria macht die Leidenschaft zum Beruf sowie den Beruf zur Leidenschaft.
Seit 1958 ist die Wirtschaftskammer Österreich Mitglied von WorldSkills International und entsendet seit 1961 regelmäßig ein österreichisches Team zu den internationalen Berufsweltmeisterschaften. Zudem ist die WKÖ seit 2007Mitglied von WorldSkills Europe. Österreich ist bei EuroSkills seit den ersten Europameisterschaften 2008 am Start.
SkillsAustria wird von der WKÖ, den neun Wirtschaftskammern in den Bundesländern sowie den Fachorganisationen der Sparten Gewerbe und Handwerk, Industrie, Tourismus und Freizeitwirtschaft, Information und Consulting, Handel sowie Transport und Verkehr finanziert. Mitfinanziert werden die Tätigkeiten von Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft sowie des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Unterstützt wird das SkillsAustria-Team zusätzlich von Giesswein Walkwaren AG, workwear engelbert strauss, Schütze Schuhe, Würth, dem WIFI Österreich und dem Fachverband Personenberatung und Personenbetreuung.
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